Manchmal muss ich mich selbst an der Nase nehmen. Im Laufe meiner langjährigen Tätigkeit im Bildungswesen habe ich viele didaktische Überlegungen entwickelt und übernommen und „einfach“ deshalb für richtig gehalten, weil sie meinen Überlegungen und scheinbar meinen Erfahrungen entsprachen. Studien zeigen nun, dass ich teilweise richtig lag aber teilweise der Lernerfolg nicht mit meinem Engagement in bestimmten Bereichen korrelierte.
John Hattie, ein neuseeländischer Bildungsforscher, hat in einer Studie mit mehr als 800 Metaanalysen, die mehr als 50‘000 Einzeluntersuchungen mit 250 Millionen Schülern, untersucht, was guten Unterricht ausmacht. Er hat insgesamt 136 Einflussgrössen untersucht und bewertet. Die wichtigsten zusammmengefasst ergibt folgende Aufzählung und Einstufung:
Was schadet:
- Sitzenbleiben
- übermässiges Fernsehen
- lange Sommerferien
Was nicht schadet, aber auch nicht hilft:
- offener Unterricht
- jahrgangsübergreifender Unterricht
- Web-basiertes Lehren und Lernen
Was nur wenigen hilft:
- geringe Klassengrösse
- finanzielle Ausstattung
- entdeckendes Lernen
- Hausaufgaben
Was mehr hilft:
- regelmässige Leistsungsüberprüfungen
- vorschulische Fördermassnahmen
- lehrergeleiteter Unterricht
- Zusatzangebote für starke Schüler
Was richtig hilft:
- Lehrerfeedback
- problemlösender Unterricht
- fachspezifische Lehrerfortbildung
- systematische Leseförderung
- vertrauensvolles Verhältnis zwischen Lehrer/Lehrerin und Schüler
Es ist also Zeit, dass wir nicht mehr vor allem über "kooperatives Lernen", "selbstorganisiertes Lernen", "lernen durch lehren" diskutieren und dieses fördern, sondern dass wir uns auf das konzentrieren, was den Lernerfolg in besonderem Mass begünstigt. Zudem werden wir bei der nächsten Diskussion über kleinere Klassen und mehr Mittel für digitale Hilfsmittel darauf besinnen, dass diese kaum zum Lernerfolg beitragen.